Heißer Winter, kaltes Frühjahr

Streuobstblüte im Vulkanland

Das Wetter spielt verrückt. Heuer 2020 konnten wir Klimaphänomene beobachten, wie es sie schon lange nicht mehr gegeben hat. Auf einen extrem warmen Februar folgte ein eiskalter März. Das hatte damit zu tun, dass atlantische Hochdruckgebiete polare Kaltluft aus der Nordpol Region lösten und diese dann in Richtung Europa floss. Was bedeutete das für unsere Tier- und Pflanzenwelt?

Traun-Blaustern

Die Frühlings-Geophyten nutzen die Zeit ohne Laubbedeckung des Waldes aus, um sich zu vermehren. Es braucht aber noch mehr als nur das Licht. Auch die Wärme ist entscheidend, damit die Blüten von den ersten Insekten des Jahres bestäubt werden und nach der Reife, die Samen meist von Ameisen (Elaiosomen) vertragen werden.

Leucojum vernum – Frühlings-Knotenblume

Die rasche Wiederkehr der Wärme mit schon über 20° Celsius im Februar regte das Insektenleben derart an, dass jetzt, Ende März, erste Hummelvölker eine größere Anzahl von Arbeiterinnen zeigen, was bemerkenswert ist. Während nun die Geophyten zum Großteil geblüht haben, trifft die Kälte ein und verhindert den weiteren Anstieg von Blütenpflanzen in den Wäldern und auf den Wiesen. Die Insekten bekommen wenig Nahrung und die Bestände brechen wieder zusammen, sollte die Kältephase noch länger andauern.

Die seltene Grashummel findet man auch auf unseren Wiesen

Die Baumblüte der Kätzchenträger, wie der ersten Weidenarten, der Hasel, der Erlen, der Pappeln und der Birke ist im Alpenvorland großteils schon vorüber. Der Pollengehalt in der Luft ist astronomisch hoch und die Allergiker leiden momentan, wie nie zuvor. Jetzt blühen die Ahornarten, die Ulmen, die Linden, die Hainbuche, die Kirschverwandten, Zwetschke, Marille, Pfirsich, der Nussbaum und auch schon die ersten Birnensorten. Alles viel zu früh und die tiefen Temperaturen, verursacht durch die polare Luft, zerstört Milliarden von Blüten- und damit auch die Zuckerquellen für die Insekten. Das Ausmaß der Vernichtung ist riesengroß. Die Kälte reicht bis zum Mittelmeergebiet.

Weidenkätzchen

Das heurige Obstjahr hängt nur noch von der Apfel- und Weinblüte ab. Die Kälte, gepaart mit einer lang anhaltenden Frühjahrs Trockenheit lässt auch die Feldkulturen und die Grünland Blütenpflanzen leiden. Früh gesähte Ackerkulturen bleiben durch die Kälte in ihrer Entwicklung stecken. Die ersten Wiesenblüher sind Primeln, Veilchen und Gräserarten, wie Ruchgras und die Frühlings-Segge. Die Vorfrühlings Blüher waren schon fast soweit, und die überwinternden Schmetterlinge haben ihre Eier auf den frühen Sprossen und Blättern abgelegt. Frühe Solitärbienen haben ihre Brutbauten angelegt und suchen nun nach Pollenvorräten für ihre Larven.

Hain-Veilchen

Spechte und Eulen füttern zum Teil schon ihre Jungen. Die Bruten der Standvögel, dazu gehören vor allem die Krähenvögel, Meisen und Spatzen haben noch keine Probleme mit der Kälte. Da sind die Schlechtwetterperioden während der Jungvogel Aufzucht nach dem Schlüpfen ab Mitte bis Ende April bedeutender. Schlecht geht es wieder einmal den Kiebitzen, die auf den Ackerflächen ihre Eier ausbrüten. Der frühe Anbau hat die ersten Bruten zerstört. Weitere Maßnahmen am Acker werden auch die zweite Brut gefährden. Da liegt es an den Bauern, ob sie so viel Gefühl haben und auf den Flächen mit den Anbau warten, die für die Kiebitze entscheidend sind. Die meisten Kiebitze sind sehr Standorts Treu und brüten immer wieder auf den selben Äckern.

Junger Kauz wartet auf Altvogel

Die Coronavirus Krise hat dazu beigetragen, dass in der Kulturlandschaft mehr Arbeitsaktivität zu beobachten ist. Auch in den Wäldern herrscht übermäßige Aktivität. Die zahlreichen Grundbesitzer hier am Land, die sonst ihrer Dienstleistung oder Hauptarbeit nachgehen, haben mehr Zeit und so wird mehr Holz eingeschlagen, als je zuvor. Die Wälder werden durchgeputzt und verlieren zahlreiche Brutplätze. Ob das in Zukunft auch Vorteile bringt, ist abzuwarten. Das hängt davon ab, wie viel Licht auf den Boden kommt, damit neue Bäume sprießen können. Jedenfalls ist es in der Natur nicht stiller geworden.

Totholz fördert die Artenvielfalt

Der Luftraum hat sich erholt. Weniger Abgase, weniger Lärm, weniger Lichtverschmutzung, kein Flugverkehr. Das hat auch zu einer klareren Atmosphäre geführt. Die Folge ist eine Abkühlung durch erhöhter, Wärme-Abstrahlung in den Kosmos, und weniger Luftfeuchtigkeit aufgrund geringerer Partikel Mengen, die zur Wolkenbildung benötigt werden. Es wird also kurzfristig kälter und trockener. Wir müssen noch abwarten, wie sich das entwickeln wird. Grundsätzlich kann es momentan für das Klima ausgleichend wirken.